Das Buch “Du musst nicht von allen gemocht werden” von Fumitake Koga und Ichiro Kichimi ist im Stil eines Dialoges zwischen einem Philosophen und seinem Lehrling geschrieben. Anfangs ist dieser Schreibstil etwas ungewohnt, aber mit der Zeit liest es sich sehr flüssig. Außerdem ist es ganz hilfreich, da der Lehrling oft genau die Fragen stellt, die einem selbst auch im Kopf herumschwirren. Meine Key Learnings habe ich hier zusammengefasst.
Das Buch basiert nicht wie viele andere Selbsthilfebücher auf den Lehren von Sigmund Freud sondern auf jenen von Alfred Adler. Der Unterschied zwischen den beiden Lehren ist meiner Meinung nach ziemlich gravierend. Ich habe es so verstanden: Während Sigmund Freud davon ausgeht, dass Probleme in der Gegenwart unter anderem auf Traumata aus der Vergangenheit zurückzuführen sind, geht Alfred Adler davon aus, dass wir gegenwärtige Probleme sozusagen “erfinden”, um uns dadurch vor Konflikten in der Zukunft zu schützen bzw. eine Ausrede zu schaffen, um uns nicht zum positiven verändern zu müssen. Im Buch wird als Beispiel eine junge Frau erwähnt, die Angst davor hat, zu erröten und sich deshalb nicht traut, Männer anzusprechen. Laut Adler möchte sich die junge Frau aber gar nicht mit der Partnerwahl auseinandersetzen. Daher konstruiert sie unbewusst die Angst vorm Erröten und schafft sich dadurch selbst eine Ausrede. Während Freud eher in der Vergangenheit nach Auslösern für die Angst suchen würde, überlegt Adler, vor welchen Zukunftsängsten man sich schützen möchte. Adlers Kernaussage: Es geht nicht darum, womit man geboren wurde und was geschehen ist, sondern darum, was man daraus macht.
Ähnliche Probleme wie die junge Frau hat auch der Lehrling selbst, der sehr unzufrieden mit sich selbst ist. Der Philosoph sagt ihm daraufhin, dass er in Wirklichkeit Angst vor persönliche Beziehungen hat und davor, zurückgewiesen zu werden. Daher findet er ständig Mängel an sich selbst, um eine Ausrede zu haben, warum er ja von anderen gar nicht gemocht werden kann.
Eine Kernaussage des Buches ist, dass alle Probleme zwischenmenschliche Beziehungsprobleme sind. Besonders das Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit steht vielen im Weg und führt zu Minderwertigkeitsgefühlen. Minderwertigkeitsgefühle sind angeboren und zum Beispiel notwendig, damit Kinder laufen lernen und damit man sich weiterentwickelt. Zum Problem wird es aber, wenn man sich unrealistisch hohe Ziele setzt und die eigene Unzulänglichkeit als Ausrede nimmt, und Dinge gar nicht erst ausprobiert.
Erst wenn man in der Lage ist, andere Menschen nicht als Feinde und Rivalen sondern als Kameraden anzusehen und sich nicht mit anderen zu vergleichen, wird sich die Lebenseinstellung verändern. Die Autoren bzw. der Philosoph erwähnen an dieser Stelle das Prinzip der Aufgabentrennung. Leute neigen dazu, sich um Aufgaben zu kümmern, die sie eigentlich nichts angehen, um dadurch Lob oder Respekt zu bekommen. Ob andere mich und meine Handlungen als positiv oder negativ beurteilen, ist aber nicht meine Aufgabe und kann von mir nicht beeinflusst werden. Alles was man selber tun kann, ist es, andere Personen als Kameraden anzusehen, sich selbst als Teil des großen Ganzen zu begreifen und mit bestem Wissen und Gewissen danach handeln. Ob andere mich dann mögen ist nicht meine Aufgabe und sollte mich nicht kümmern. Man sollte sich also stets fragen: Wessen Aufgabe ist das? Wenn man sein Leben nur danach ausrichtet, es anderen recht zu machen und die Erwartungen anderer zu erfüllen, lebt man das Leben der anderen und belügt sich selbst.
Wichtig ist es auch, Beziehungen als horizontal und nicht als vertikal anzusehen. Laut dem Philosophen sind wir alle Teil eines großen Ganzen und daher ist jeder gleich zu behandeln. Der Philosoph sieht auch Lob kritisch. Laut ihm lobt man nur, wenn jemand eine Aufgabe gut gemacht hat, die man selber besser gemacht hätte, zum Beispiel wenn ein Chef den Angestellten lobt oder wenn ein Kind von seinen Eltern gelobt wird. Man stellt sich dadurch selbst auf eine höhere Stufe, wodurch die Beziehung vertikal wird. Somit sieht man andere und sich selbst nicht als gleichwertige Teile eines großen Ganzen. Außerdem wird man immer mehr vom Lob abhängig und fühlt sich erst recht nutzlos, wenn dieses plötzlich wegfällt. Besser wäre es, sich einfach zu bedanken. So bekommt der andere das Gefühl, zum Leben des anderen positiv beigetragen zu haben und fühlt sich selbst als wertvoll für die Gesellschaft. Glücklich kann man also werden, indem man sich als wertvolles Mitglied der Gesellschaft fühlt und zum Leben der anderen beitragen kann.
Laut dem Philosophen besteht das Leben aus drei grundlegenden Aufgaben bzw. Eckpfeilern: Arbeit, Freundschaften und Liebe. Über Beziehungen sagt er, dass bedingungsloses Vertrauen in den anderen die Basis für eine tiefe Beziehung ist. Misstrauen oder das Einschränken des anderen kann langfristig die Beziehung ruinieren. Hier kommt wieder die Aufgabentrennung ins Spiel: ob der andere treu ist oder nicht ist nicht meine Aufgabe und kann von mir nicht beeinflusst werden. Das Beste was ich tun kann ist es, dem anderen bedingungslos zu vertrauen und selbst nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln.
Der Weg zum Glücklichsein ist es, den eigenen Wert zu erkennen, andere als Kameraden zu sehen und zu verstehen, dass wir alle gleichwertige Einzelteile eines großen Ganzen sind. Glück ist das Gefühl dazuzugehören und einen Beitrag leisten zu können. Das Leben sollte nicht als Linie angesehen werden, sondern als Sammlung von Punkten, als eine Sammlung von Momenten die wir “Jetzt” nennen. Im Moment zu leben, Dinge so zu nehmen wie sie sind und sich selbst so zu akzeptieren wie man ist ist die Formel zum Glück.
Sich selbst akzeptieren <-> Vertrauen in andere <-> Einen Beitrag leisten
Zwei Ziele:
- Selbstbewusst sein -> “Ich habe die Fähigkeit”
- In Harmonie mit der Gesellschaft leben -> “Andere Leute sind meine Kameraden”
Das Buch war für mich extrem interessant, da es ein völlig neues Licht auf viele Themen wirft, über die ich mir schon Gedanken gemacht habe. Ich hatte viele Aha-Momente und konnte Dinge aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Wer sich bewusst für eine neue Sichtweise öffnet, kann von diesem Buch nur profitieren.
